Deutsch ist Unterrichtsprinzip.
Auf dem 9-Punkte-Plan zur Stärkung der Basiskompetenzen aufbauend, werden wir die zusätzliche Stunde mehr in Deutsch nutzen, um dem Lesen ein noch größeren Stellenwert beizumessen. Die regelmäßige Lesezeit ist für uns ebenso selbstverständlich wie das ständige im-Gespräch-bleiben.
Jedes Kind verfügt über einen eigenen Wortschatz, über grammatische Strukturen, über Begriffe, Redeformen, Fragetechniken und Erzählmuster. Kinder versprachlichen und nehmen Versprachlichtes auf. Sie teilen sich mit, äußeren Wünsche, fragen, argumentieren, kommentieren und: will verstehen und verstanden werden.
Natürlich hat Deutschunterricht Priorität – aber er ist weitaus mehr als das Abfragen von richtig geschriebenen Wörtern und korrekt angewandten grammatikalischen Strukturen.
Kinder haben Freude an Sprachspielen, am Klang der Sprache, an ihren Rhythmen am Spiel mit Worten, am Erschaffen und Dekonstruieren.
Es gibt so unendlich viele Dinge aus dem Unterricht, die es wert sind, gezeigt zu werden – und dennoch muss dies auf eine kleine (hier willkürlich getroffene) Auswahl reduziert werden.
Hier zwei Einblicke in unsere Arbeit beim Spiel mit Sprache:
1. Das Gruselett
Christian Morgenstern, einer der großartigsten Schriftsteller des letzten (und im Grunde auch des vorletzten) Jahrhunderts lebte von 1871 bis 1914.
Schon allein der Titel, Gruselett, ist im Grunde eine Art Spiel mit Wörtern, weil er (wahrscheinlich/vielleicht?) aus den Begriffen „gruseln“ und „Sonett“ entstand – ein Kofferwort (so nennt man kunstvoll geschaffene Wörter, die aus zwei oder mehreren anderen Worte geschaffen wurden).
Ein Sonett ist eine spezielle Gedichtform. Der Name stammt vom lateinischen Begriff sonare, was klingen, tönen oder erschallen bedeutet. Somit kann man behaupten, dass es sich bei einem Sonett um ein klingendes Gedicht handelt.
Gruselett
Der Flügelflagel gaustert
durchs Wiruwaruwolz,
die rote Fingur plaustert,
und grausig gutzt der Golz.
(Christian Morgenstern)
Ein Sonett hat strenge Vorschriften und Reimmuster, die Herr Morgenstern – wie wir auch – nicht eingehalten hat. Er wählte die schlichte Form ABAB, die wir uns auch als Ziel gesetzt haben.
Eine weitere Vereinbarung war, das Geheimrezept des Autors zu benutzen: Adjektive, Verben und Nomen sind in Phantasiesprache geschrieben, die gruselig klingen („klingendes Gedicht“) und – obwohl sie im Grunde keinen Sinn ergeben – eine nachvollziehbare und gruselige Stimmung verbreiten.
Weil die meisten Begriffe aus einer Phantasiesprache stammten, war es für die Kinder nicht besonders schwer, passende Reimwörter zu finden. Und dort, wo keines gefunden wurde, wurde halt ein neues erfunden.
Der Ruzel röngelt und schlaustert
beim Schmozendorperrols,
der Rüperom wattert und raustert
im Rompelrümpeldolz.
(Ida)
Im Zitelzateldungeldalt
sind nefü drauge Rume.
Wenn einer in die Blaugen kralt,
dann kieben alle frume.
(Antonia)
Die Holterpolter florgelt,
mit märlem Mirular,
der borme Bungsel sorgelt,
und larmig euxt die Flar.
(Ella)
2. Elfchen
Elfchen sind kurze Gedichte mit einem formal streng vorgegebenen Muster:
Elf Wörter werden so verteilt, dass in der ersten Zeile ein Wort, in der zweiten zwei, in der dritten drei und in der vierten Zeile vier Wörter stehen. Die letzte Zeile besteht – wie die erste – aus einem Wort.
Während wir uns zu Beginn des Schreibens an eine strenge Form hinsichtlich des Inhalts der Zeilen festlegen wollten, merkten wir schnell, dass viele poetische Ideen durch diesen Rahmen verloren gehen.
Deshalb wurde lediglich die Anzahl der Wörter in den Zeilen als Vereinbarung festgehalten.
Thematisch wurde der Rahmen „Weihnachten“ vorgegeben. Die Facetten, die sich dann entfalteten (Gefühle, Bilder, Gerüche, Geschmäcker), zeigten dann schnell ein breites Bild von dem, was Weihnachten für den einzelnen sein kann.
Dass dann letzen Endes manches Gedicht auch tatsächlich wie ein Weihnachtsbaum aussieht, hat uns dann zusätzlich erfreut.
Weihnachten
Plätzchen backen
Kerzen Kranz Advent
Sterne Wünsche Engel Geschenke
Fröhlichkeit
(Theo)
Festlich
am Baum
leuchten die Kerzen
Wünsche, Friede, Freude, Glück
Weihnachten
(Fabian)
Christbaumkugel
schimmert weihnachtlich
baumelt am Tannenbaum
macht die Vorfreude groß
Weihnachten
(Yann)